(Vorschaubild (c) Thilo Beu)
Ludger Engels inszeniert das Auftragswerk von Anja Hilling und feierte am 24. Januar Premiere in der Werkstatt.
Apeiron ist ein Begriff aus der frühgriechischen Philosophie. Wörtlich bedeutet er das Grenzenlose, Unbestimmbare und beschreibt eine Art Urstoff, der immer in Bewegung ist und den Ursprung von allem darstellt. „Apeiron ist das große Ganze“, erklärt Ludger Engels.
Aus diesem großen Ganzen entstehen die drei Figuren des Stücks, denen der Zuschauer beim persönlichen Absturz zuschauen darf. Sie alle starten am Höhepunkt ihres Lebens, der jedoch ganz schnell kippt.

Da ist der Schauspieler (Jan Viethen), der als Jugendlicher drogenabhängig war und einen Entzug machte. Heute ist er ein erfolgreicher Darsteller, verheiratet, Vater und bekommt den Oscar als bester Hauptdarsteller. Doch dann hat er nach 15 Jahren Abstinenz einen Rückfall, begibt sich in Behandlung und stirbt am Ende doch an einer Mischung verschiedenster Drogen.
Die Unternehmerin (Lydia Stäubli) wird in eine erfolgreiche Familie mit bekanntem Namen geboren. Sie studiert zwar unter falschem Namen, hat aber trotzdem später eine Position in der Firma. Sie heiratet, hat Kinder und erbt ein Vermögen. Der Absturz beginnt mit einer Affäre. Der Mann erpresst sie – sie zahlt und wendet sich dann doch selbst an Polizei und Öffentlichkeit.
Der Politiker (Klaus Zmorek) startete nach dem Studium voll durch. Er wird Bürgermeister, Anwalt, dann Minister. Bei seiner ersten Präsidentschaftskandidatur unterliegt er; wird aber dann Direktor einer internationalen Organisation. Bei seiner zweiten Kandidatur als Präsident wird im Amtsmissbrauch, versuchte Vergewaltigung, sexuelle Belästigung und Beteiligung an Zuhälterei vorgeworfen. Er weist alle Vorwürfe von sich, tritt aber von seinem Amt zurück. Am Schluss wird er von allen Vorwürfen freigesprochen.

Alle drei haben im Stück sozusagen ihren eigenen Monolog, der nur durch den Sprechchor (Sulamith Hartmann, Leona Holzki, Elias Konradi) begleitet wird. Es sind durchweg eindringliche Szenen, auch wenn an machen Stellen nicht ganz eindeutig wird, wo im Handlungsverlauf der Figur sich das Stück gerade befindet. Insgesamt ist es notwendig, das Programmheft mit den Hintergrundinfos zu den Figuren gelesen zu haben, auch wenn der im Programmheft angesprochene „mediale Machtapparat“ erst nach längerem Überlegen deutlich wird. Auf der Bühne wird er nur durch lästernde Menschen oder die Verfolgung einzeln Protagonisten symbolisiert. Die Produktion schafft es gut, die beklemmende Atmosphäre rüber zu bringen und auch das gehetzte und verfolgte Lebensgefühl der Protagonisten während des Absturzes erreicht den Zuschauer. Durch die abstrakte Inszenierung braucht es jedoch eine Weile bis man als Zuschauer seinen Zugang gefunden hat.
Insgesamt ist Apeiron eine anspruchsvolle Produktion, die es ausgezeichnet die Atmosphäre und die Emotionen des Absturzes darzustellen. Wer Lust an Metaebenen hat, der wird an diesem Stück seinen Spaß haben, wer es lieber klarer haben möchte, sollte ggf. eine anderes Stück besuchen.
Tabea Herrmann