Giraffentheater

(Vorschaubild (c) Thilo Beu)

Gefühlschaos im Kölner Zoo wird vom Jugendclub auf die Bühne gebracht

Bonn Werkstattbühne: Die letzten regulären Vorstellungen werden diese Spielzeit vom Jugendclub unter der Leitung von Nadine Schwitter gestaltet. Insgesamt zehn junge Schauspielerinnen und Schauspieler zeigten uns ein Stück über einen Zoobesuch einer scheinbar normalen Klasse und deren Probleme.

(c) Thilo Beu

Im Mittelpunkt stehen Erna und Tom, zwei Freunde, die sich seit ihren Kindertagen kennen. Gleich vorweg erzählt uns Tom, dass an diesem einen speziellen Tag im Zoo etwas mit Erna nicht gestimmt hat. Sie hätte sich komisch benommen, sie hätte ihn genervt und irgendwann – und das ist das eigentliche Mysterium – saß Erna zwischen den Affen im Käfig. Verstanden warum Erna das getan hat, hat Tom nicht und auch die Klassenkameraden sind gespalten in ihren Meinungen, warum Erna in den Käfig geklettert ist.

Von nun an stellen sich die Klassenkameraden vor, die egal wie nah oder fern sie einem der beiden stehen, irgendwie alle etwas mitbekommen, aber doch nichts wirklich gesehen haben. Jeder hat seine eigene Theorie wer in wen verliebt ist, wer wen verletzt hat. Ganz offen sagen sie, ob sie Erna mögen oder nicht. Langsam kommt immer deutlicher zum Vorschein, dass es bereits vor dem Zoobesuch in der Beziehungskiste gerappelt hat: Tom, der wohl Erna nur als beste Freundin sieht, geht mit Leonie aus, die keinen Hehl darum macht, dass sie Tom toll findet; Erna wird auf einer Party von Lorenz geküsst, obwohl doch ein anderes Mädchen sich in ihn verguckt hat und so weiter. Es ist kompliziert, emotional, aber auch lustig und spannend. Denn man fragt sich: was war es letztlich, das Erna in den Affenkäfig trieb und werden sich alle wieder aussöhnen? Wie geht die Dreiecks- oder Vierecks- oder Fünfecksbeziehung aus? Leider bleiben gerade die letzten Fragen unbeantwortet, aber vielleicht ist das gerade auch gut so, warum immer auf fertige Enden hoffen? Schließlich besteht eine Schulklasse nicht nur aus einer Exkursion in den Zoo, sondern bleibt häufig mehrere Jahre zusammen und müssen sich aushalten.

Immerhin wird die erste Frage nach und nach durch Erna selbst erhellt, die sich erst zögernd, dann aber immer mehr und häufiger mitteilt. Bald sagt sie laut und deutlich, wie nervig sie das Geturtel zwischen Tom und Leonie findet. Erna ist eine starke Figur mit vielen verschiedenen Seiten, sie ist so komplex, dass es beinahe so scheint als bestünde sie zugleich ganz für sich, aber auch immer ein Stück aus den anderen weiblichen Figuren.

Hier war es ein schöner Kniff der Regie, die Schüler nicht in festen Rollen zu verankern – auch nicht die beiden Protagonisten. Sondern jede Schauspielerin ist einmal Erna und auch die beiden Jungs wechseln sich in den Rollen von Tom und Lorenz ab. Das hat zum Effekt, dass jede/r Schauspieler/in mit ihren Stärken die Figur in einer anderen Emotion zeigen kann und zugleich doch auch eine eigene Figur besitzt, nämlich einen der Klassenkameraden, die das Geschehen akribisch beobachten.

(c) Thilo Beu

Das Gefühlchaos innerhalb der Klasse wird zudem durch Tierdarstellungen wiedergespiegelt. Die Schüler äußern nicht nur, was sie an den Tieren mögen, sondern setzen auch ihre Stimmung bzw. auch das Geschehen damit in Verbindung. So erhält die erste Szene im Aquarium einen tiefen und verträumten Anstrich, wenn Lorenz erzählt, dass er das Aquarium am liebsten mag und hier seinem Hobby dem Zeichnen nachgeht. Aber gleichzeitig hat er immer Erna, Tom und Leonie im Blick und schildert aus seiner Perspektive, wie es zwischen den dreien steht.

Währenddessen werden die typischen Zoogeräusche von Vogelgekreisch bis zum Scharren von Hufen vom Ensemble oder manchmal auch durch Sounddesign erzeugt, was wesentlich zur Atmosphäre beiträgt.

Das Ensemble aus den Jungschauspielern Hannah Bahlo, Patricia Borschbach, Victor Maria Diderich, Emma Externbrink, Katharina Gieron, Pia Heldmann, Laura Janik, Sophie Lorenz, Luisa Thiel und Tom Welland hat sich selbst mit Ideen eingebracht, sie waren textsicher und haben sich gut dem Publikum präsentiert. Ein schöner Abschluss für diese Saison.

Rebecca Telöken

 

%d Bloggern gefällt das: