Am ersten Mai Wochenende stand eine Gruppe der Loyola Marymount University Los Angeles mit ihrer Interpretation von „Frühlingserwachen“ von Wedekind in der Werkstatt auf der Bühne.
In dem Stück geht es um mehrere Jugendliche, die ihre Sexualität entdecken und dabei auf die gesellschaftlichen Zwänge und Intoleranz treffen. Das Zusammentreffen der freizügigen, fast anzüglichen Jugendlichen auf die verschlossene, spießige Generation ihrer Eltern führt zu einer interessanten Geschichte.
Die Studenten erzählen parallel die Geschichten mehrerer Schüler. Zunächst ist da Wendla, die ihre Mutter zwar bittet ihr zu erklären, wie die Kinder auf die Welt kommen, ihrer Mutter ist das jedoch zu peinlich. Wendla erfährt lediglich, dass man verheiratet sein und sich sehr lieben muss. Daher denkt sie sich auch nichts dabei, als sie später mit Melchior schläft. Melchior dagegen wurde sehr liberal erzogen und wird später für den Suizid seines Klassenkameraden Moritz verantwortlich gemacht, worauf er in eine Korrektionsanstalt geschickt wird. Moritz erträgt den Druck seiner Eltern nicht mehr und entschließt sich, sich zu erschießen. Auch für Wendla geht die Geschichte nicht gut aus. Sie wird schwanger und stirbt schließlich an der medikamentösen Abtreibung.
Dieses durchaus anspruchsvolle Stück wird von den Studenten in einer beeindruckenden Weise auf die Bühne gebracht, wenn der Stoff für den Zuschauer auch schwer verdaulich ist. Besonders an der Inszenierung ist, dass permanent alle 19 Schauspieler auf der Bühne sind und jede Figur von mehreren Personen gleichzeitig gespielt wird, während die restlichen Schauspieler im Hintergrund kleine Szenen darstellen oder das Bühnenbild bilden, indem sie zum Beispiel aus Menschenpyramiden Bäume machen. Die einzelnen Charaktere waren zumeist an einem Kostümwechsel zu erkennen. Die Kostüme waren generell einfach gehalten. Im Grunde hatten alle eine schwarze Hose oder Rock und ein weißes Hemd an. Aber durch die große Gruppe hatten sie einen sehr schönen Effekt. Je nach Figur wurde dieses Kostüm dann leicht verändert, so hatte zum Beispiel Wendla statt eines schwarzen Rocks einen hellblauen an. Zudem liefen die Erwachsenen immer auf Stelzen, um ihre Überlegenheit zu symbolisieren.
Teilweise wurden durch die Kostüme und die kollektiven Bewegungen so vieler Schauspieler tolle Bilder erzeugt, allerdings war es für den Zuschauer schwer der Handlung zu folgen. Dabei wurde es auch nicht leichter, dass das gesamte Stück in einem fortgeschrittenen Englisch aufgeführt wurde und mit zweieinhalb Stunden relativ lang war. Insgesamt aber trotzdem eine schöne Aufführung und definitiv eine schöne Abwechslung im Theater Bonn!
Ganz am Ende gab es noch eine sehr nette Geste an den Aufführungsort, als alle Studenten zwischen dem Applaus eine Acappella Version der „Ode an die Freude“ anstimmten.
Katharina Wigger