Religion, Philosophie und sehr viele besondere Charaktere

(Vorschaubild (c) Thilo Beu)

Als Teil der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 200 Jahren Universität Bonn präsentierten Studierende das Stück „Als Nietzsche noch vor dem Regal stand“, dass in einer Zusammenarbeit des Theater Bonn und des Zentrum für Religion und Gesellschaft entstanden ist.

So bring on the rebels – The ripples from pebbles – The painters, and poets, and plays

(Audition (The Fools Who Dream), LaLaLand)

(c) Thilo Beu

Es ist eine Konferenz der besonderen Art, die am 26. Januar im Hörsaal I der Uni Bonn einberufen wurde.  „Heilige und unheilige Gestalten aus 200 Jahren Universitätsgeschichte“ verspricht das Programm und hat damit nicht zu viel versprochen: „Als Nietzsche noch vor dem Regal stand“ zeigt die Versammlung von berühmten Alumni der Uni Bonn. Mit zu Gast der berühmteste Sohn der Stadt: Ludwig van Beethoven (Joana Abondo) soll die musikalische Begleitung zur Konferenz liefern. Als geladene Gäste trafen aufeinander: der Theologe Georg Hermes (Inés Heimes), der Philosoph Karl Marx (Marleen Wengorz), der Philosoph Gottfried Kinkel (Katharina Höbbel), der Historiker und Theologe Heinrich Joseph Floss (Jenny Kowalczyk), der Philologe Friedrich Nietzsche (Desi Ahrendt), der Theologe Fritz Tillmann (Pia Rodriguez), der Theologe Wilhelm Neuß (Klaudia Stutzke), der Theologe Karl Barth (Christina Krott), die Religionspädagogin Isa Vermehren (Theo Katsalis), die Frauen- und Friedensaktivistin Klara Marie Faßbinder (Marco Weber),  und als einziger noch lebender Teilnehmer der Papst Joseph Ratzinger/Benedikt XVI (Fiona Huhn). Als ungebetener Gast tritt auch Joseph Goebbels in Erscheinung, der in Bonn Geschichte und Germanistik studierte – ihn nicht unter den Teppich zu kehren, ist eine gute Entscheidung gewesen und unterschreibt vielleicht noch einmal mehr als jedes positive Plädoyer die Wichtigkeit von Historiker, Theologen oder anderen Geisteswissenschaftlern. Zusammengekommen sind sie, um die Geisteswissenschaften – also die Theologie und die Philosophie – an der Universität zu retten. Der Wunsch nach Wirtschaftlichkeit hat zu einem Fokus auf naturwissenschaftliche Forschung geführt; jetzt kommt der Wunsch nach einem Zentrum für künstliche Intelligenz auf. Dafür sollen große Teile der eher unwirtschaftlichen theologischen und philosophischen Fakultät abgebaut werden.  Um dies zu verhindern, präsentieren die Teilnehmer der Konferenz in ihren Redebeiträgen Lösungsansätze. Sie reichen von Wilhelm Neuß, der vermehr publizieren möchte bis zu Karl Marx der sich selbst treu bleibt und eine soziale Revolution fordert.

(c) Thilo Beu

Die Frage nach der Rettung der beiden Fakultäten bietet die Kulisse für eine viel interessantere Frage: Worin liegt eigentlich der Wert der Geisteswissenschaften? Die verschiedenen Figuren liefern hierauf verschiedenste Antworten. Uneinigkeit herrscht vor allem bei der Relevanz der Religion für die Forschung. Kann man Theologie guten Gewissens als Wissenschaft bezeichnen? Oder ist es nicht eher so, dass die Theologie oft Grundlage für philosophische Gedanken bietet? Es ist ein großer Pluspunkt der Inszenierung, dass sie nicht versucht auf diese Fragen eine definitive Antwort zu geben. Sie bietet dem Zuschauer verschiedenen Interpretationen an und lässt Raum für eine eigene Meinung.  Trotzdem gibt es Konsens selbst zwischen großen Religionskritikern wie Nietzsche und den anwesenden Theologen: Andersdenker, Querköpfe, Mutige, Querdenker und Träumer werden heute mehr denn je gebraucht.

„Als Nietzsche noch vor dem Regal stand“ ist eine kleine Produktion mit großem Wert. Sie liefert ein Plädoyer für die Geisteswissenschaften und eine interessante Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Rolle von Religion. Der Zuschauer kommt sich dabei nicht vor wie in einer langweiligen Vorlesung, da das ganze sehr kurzweilig gestaltet ist und immer wieder kleine Anspielungen auf die Charaktere und ihre Macken durchschimmern.  „Als Nietzsche noch vor dem Regal stand“ ist das Ergebnis eines Seminars das vom Zentrum für Gesellschaft und Religion angeboten wurde. Man merkt, wie umfassend sich in dieser Vorbereitung auf die Produktion mit den präsentierten Personen beschäftigt wurde.  Das (persönliche) Highlight lieferten Darsteller jedoch am Ende der Produktion ein wenig abseits ihrer Rollen: In einer Vorstellungsrunde präsentierten sie wieso sie genau ihr Studienfach ausgewählt hatten – die Gründe für die mehrheitlich geisteswissenschaftlichen Fächer machten Mut, dass eine Konferenz wie sie das Stück zeigte so bald nicht nötig sein wird.

Tabea Herrmann

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